Zur Schule gehen dürfen.

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Wir haben in Deutschland im letzten Jahr über eine Millionen Geflüchtete aufgenommen. Wir haben ihnen einen Dach über den Kopf gegeben, sie bekleidet und ernährt, und viele von uns begleiten sie immer noch durch die Mühen des deutschen Alltags. Wir könnten auf all das so richtig stolz sein.
Wir könnten stolz sein auf ein Land wie dieses Land, das so großzügig und hilfsbereit sein kann.
So offen sein kann gegenüber Menschen, die uns zunächst einmal fremd waren und jetzt nicht mehr sind.

Aber von all dem ist kaum jemals die Rede. Der Diskurs ist vor allem negativ. Vereinfacht und auf den Punkt gebracht: Die Fremden, sie sollen hier nicht sein.

Trotzdem können jetzt alle, die nicht aus den sogenannten sichern Herkunftsländern kommen, nach langen, langen Monaten des ungeduldigen Wartens endlich in offizielle Deutschkurse, und etliche dürfen seit dieser Woche sogar richtig in die Schule, mit Fächern wie EDV, Mathe, Deutsch und Landeskunde.

Ich habe eine unserer Schützlinge mit zur Schule begleitet, an ihrem ersten Schultag war das. Ich saß neben ihr auf der Schulbank, drei Lehrer vor mir, und das war nach so langer Zeit schon reichlich seltsam.

Ich sah mich um, und sah die unterschiedlichsten Hautschattierungen, und sah fremdartige Gesichtszüge und hin und wieder ein Kopftuch um ein Frauenantlitz. Da waren Menschen im Raum aus neun Nationen: die Lehrer aus Deutschland, die Schüler aus Syrien, aus Eritrea, aus Äthiopien, aus Somalia, aus Sierra Leone, aus Nigeria, aus Afghanistan, aus Ungarn und aus dem Irak.

Ich schaute mich um, immer wieder schaute ich mich um. Freude kam in mir auf, dass diese vierundzwanzig jungen Menschen jetzt lernen und zur Schule dürfen. In vielen der Herkunftsländer ist das nicht für alle so, und auch darauf könnten wir wirklich stolz sein: das hier wirklich jeder in die Schule darf, und jetzt auch einige der Geflüchteten.