Ehrenamtliche kommen zu Wort – Teil 5

1-media.media_.4b9a5e7c-0d4f-4a92-867c-Was bewegt die Ehrenamtlichen, die in ihrer Freizeit Asylbewerber betreuen?
Die Abendzeitung und ihre Chefreporterin Natalie Kettinger haben nachgefragt.

 

Sven Blaukat (47), Geschäftsführer einer Digital Media Agentur,
Helferkreis Vaterstetten

„Sie werden unser Land bereichern“
Aus meiner Arbeit im Erstaufnahmelager (der Turnhalle) in Vaterstetten mit 200 Asylbewerbern kann ich nach vier Wochen folgendes, erstes persönliches Resümee ziehen: Ein Drittel der Leute sind hoch gebildet: Programmierer, Techniker, Ärzte. Zwei Drittel können lesen, sprechen teilweise mindestens zwei Sprachen und haben eine mittlere Bildung. Ein Drittel sind einfache (wie ich finde liebenswerte) Menschen – aber sie werden es schwer haben. Ein Drittel sind Christen. 90 Prozent sind generell interessante, gute Typen.

Warum so viele Männer?
1. In Syrien muss man sich einer Kampf-Gruppe anschließen, sonst besteht Lebensgefahr, liberal denkende Menschen sind in ständiger Gefahr. Man kann also aus drei Armeen wählen: Pest, Cholera, Typhus.
2. Den Söhnen und Brüdern traut man die beschwerliche Reise am ehesten zu.

Ja, viele haben keine Ahnung von unserer Lebensweise – aber sie sind neugierig darauf zu lernen. Und ja, der Staat ist überfordert und ist auf die freiwilligen Helfer und die Gesellschaft angewiesen. Das ist ärgerlich, aber es hilft nix.

Ja, wir hatten auch schon eine Schlägerei, aber der Grund dafür hätte in der westlichen Welt ebenso eine solche hervorrufen können. Übrigens sind die meisten Helfer und Security weiblich, es gibt hier keinerlei Probleme.

Es ärgert mich, dass es keinen vernünftig durchdachten Prozess der Integration von der ersten Minute an gibt:
– Ein mehrsprachiges Refugee-Magazin, statt ein arabisch gedrucktes Grundgesetz, könnte zur Orientierung helfen;
– Sofortiger Deutschunterricht und freiwillige Angebote gegen die Langeweile;
– Ein Medienraum, ein Fernseher oder Beamer pro Unterkunft – nicht nur zum Entertainment, sondern Clips zur Aufklärung;

Wir Helfer haben keinen Bock mehr, über das „ob“ zu diskutieren – es braucht nur mehr Unterstützung, die zu Ende gedacht ist, die Schaffenskraft ist ungebrochen.

Sehr viele Flüchtlinge, die hier ihren Weg gehen, werden unser Land demnächst bereichern.
Quelle Abendzeitung-München, Fotos: privat