Ehrenamtliche kommen zu Wort – Teil 9
Was bewegt die Ehrenamtlichen, die in ihrer Freizeit Asylbewerber betreuen?
Die Abendzeitung und ihre Chefreporterin Natalie Kettinger haben nachgefragt.
Birgitt Epp (54), Produktmanager für Ski-und Sportreisen vom Helferkreis Asyl Fürstenfeldbruck
„Lasst endlich Praktiker ans Ruder!“
„Ob wir am Ende unserer Kräfte sind? Nein, noch nicht ganz – aber sehr frustriert und überlastet.
Wir machen die Arbeit der Verantwortlichen, die Geld dafür bekommen.
Als Beispiel: wir haben 100 neue Flüchtlinge bekommen,
die Caritas hat ihre Stunden nicht aufgestockt, und das Landratsamt mit Objektbetreuer auch nicht.
Wir haben ein neues Gebäude als Unterkunft bekommen,
die Schlösser müssen alle nach einem Monat ausgetauscht werden, die Herde waren ohne Backofen…
Was uns demotiviert, falls uns etwas demotiviert, während wir uns für unsere Schützlinge einsetzen?
Die Bürokratie: man bekommt keine Antworten; so viele unnütze Kosten
( z.B. bekommen die Busunternehmer für die Busse genau soviel bezahlt wenn die Busse stehen,
wie wenn Sie fahren. Die stellen kaputte Busse hin, und machen einen Reibach ohne Ende.
In der Erstaufnahme wird sofort ein Krankenwangen gerufen, der ins Krankenhaus fährt, nur zum Fiebermessen…)
Was uns ärgert in der jetzigen Lage – und was verbessert werden könnte?
Das Versagen der Politik!
Man sollte gesunden Menschenverstand einsetzen und Praktiker ans Ruder lassen,
nicht Beamte mit tausenden Vorschriften.
Franz Heitzinger (57), Hausmann, Asylhelferkreis Emmering
„Die Familie wartet seit einem Jahr“
Ich lebe in Emmering bei Fürstenfeldbruck und helfe hier einer Familie aus Pakistan hauptsächlich bei strukturellen Fragen wie dem Einrichten eines Bankkontos, dem Finden eines Kindergartenplatzes, der Anmeldung in der Schule und bei Arztbesuchen. Ich fühle mich durch die Arbeit für Asylbewerber nicht überfordert. Ich bin auch nicht demotiviert.
Was mich ärgert, ist allerdings die Tatsache, dass die von mir betreute Familie jetzt ein Jahr in Deutschland ist und bisher noch nicht einmal gefragt wurde, welches Problem sie zu Hause hatte, das sie bewogen hat, hier Asyl zu beantragen.
Gudrun Huber (50), Musikerin und Helferin beim Asylhelferkreis Erdweg
„Wem ist mit einer solchen Regelung gedient?“
Einige Mitglieder unseres Helferkreises engagieren sich bei der Arbeitsvermittlung für Flüchtlinge.
Dabei passiert oft Folgendes: Nachdem ein Arbeitgeber gefunden wurde, muss ein Antrag gestellt werden. Dabei wird geprüft, ob nicht ein Deutscher bzw. ein EU-Bürger diese Arbeit erledigen könnte, dann hätte er Vorrang.
Die Bearbeitung des Antrags dauert mehrere Wochen, in denen die Geduld der Arbeitgeber und Arbeitssuchenden schon auf eine harte Probe gestellt wird.
Nachdem kein anderer passender Arbeitnehmer gefunden wurde, kam es aber nun schon mehrmals vor, dass der Antrag dennoch abgelehnt wurde, weil der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 € dem Gesetzgeber als zu wenig erscheint!
In großen Städten wie München liegt der ortsübliche Tariflohn meist höher und der Asylbewerber soll nicht schlechter gestellt werden.
Der Arbeitgeber möchte aber nicht mehr bezahlen, weil er ja meist eine ungelernte Kraft mit schwachem Deutsch beschäftigt und seine übrigen deutschen Mitarbeiter mit Abschluss und Erfahrung im Betrieb zu Recht mehr verdienen – wenn überhaupt (im letzten mir bekannten Fall, „Würstel aufhängen in einer Metzgerei“, sollten es 11,45 € pro Stunde sein).
Also kommt der Arbeitsvertrag nicht zustande, zum großen Frust aller Beteiligten, denn der Asylbewerber wäre ja einverstanden mit dem Lohn. Wozu sollen die Helfer sich überhaupt noch bemühen? Wem ist mit einer solchen Regelung dann gedient?
Quelle Abendzeitung-München, Fotos: privat