Informationen zum Asylverfahren von syrischen, eritreischen und afghanischen Staatsangehörigen
Eine Mail von Herrn Rechtsanwalt Hubert Heinhold,
zu Ihrer und Eurer Information:
Sehr geehrte Damen und Herren,
einer Vielzahl von Anfragen entnehme ich, dass eine große Verunsicherung herrscht über Asylverfahren von syrischen, eritreischen und afghanischen Staatsangehörigen. Ich versuche deshalb den aktuellen Kenntnisstand zusammenzufassen:
1. Die (schriftlichen) Schnellverfahren werden nicht mehr durchgeführt. Das Bundesamt führt auch bei den Herkunftsländern Syrien, Eritrea und bei den Minderheiten aus dem Irak wieder Anhörungen durch. Diese Länder sind priorisiert, es kann also gehofft werden, dass man nicht allzu lange warten muss.
2. Syrer, Eritrea und Minderheiten aus dem Irak bekommen nicht mehr von vorneherein den Flüchtlingsstatus zugebilligt. Viele erhalten nur noch den subsidiären Schutz nach § 4 AsylG.
Zur Rechtfertigung wird angeführt, dass aus den Befragungen hervorgegangen sei, dass viele der Menschen vor dem Bürgerkrieg (Syrien) geflohen sein bzw. dass nicht in allen Fällen eine Gefahr bestehe, die an asylrelevante Merkmale anknüpfe. Man versuche deshalb in den Anhörungen herauszufinden ob nur eine einfache Menschenrechtsgefährdung vorliegt oder eine gezielte asylrechtlich relevante. Maßgebliches Kriterium ist dabei die Frage, ob vor der Ausreise eine Gefährdungslage vorlag. Eine solche kann etwa gegeben sein
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– wegen einer konkreten Gefährdung durch eine der Machtinhaber (Syrien: Regierung, IS oder andere islamistische Gruppen, westliche Oppositionsgruppen / Kurden)
– wegen einer individuellen Gefahrenlage (allgemeine Gefahrenlage reicht nicht immer) aufgrund der Religionszugehörigkeit (Irak: Jesiden, Christen, Mandäer, Juden)
– wegen einer konkreten Gefährdung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit (allgemeine Gefährdung reicht nicht unbedingt aus).
Wichtig ist, bei der Anhörung diese individuellen Gründe vorzutragen und sich nicht auf die allgemeine Lage in Syrien / Irak / Eritrea oder der eigenen Minderheitengruppe zu berufen.
3. Den subsidiären Schutz akzeptieren oder klagen?
Die Frage, ob man subsidiären Schutz nach § 4 AsylG akzeptieren soll oder man auf Flüchtlingsstatus nach § 3 AsylG klagen soll, lässt sich nicht allgemein beantworten.
Folgende Überlegungen sind anzustellen:
Akzeptiert man den subsidiären Schutz, wird relativ rasch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, die Integration kann rasch voranschreiten. Es muss jedoch ein Heimatpass beschafft werden, bzw. es muss jedenfalls versucht werden. Der Familiennachzug ist in diesem Fall bis zum 16.03.2018 ausgesetzt.
Akzeptiert man den subsidiären Schutz nicht und klagt man, wird man voraussichtlich (zunächst) keine Aufenthaltserlaubnis bekommen, sondern die Aufenthaltsgestattung wird verlängert. Die Leute unterliegen weiter den Lebensbedingungen eines Asylbewerbers. Man muss damit rechnen, dass eine gerichtliche Entscheidung im Schnitt ein Jahr beansprucht, also nicht vor einem halben Jahr, möglicherweise aber auch erst nach eineinhalb Jahren ergeht. Die Chancen sind offen. Ob die Rechtsprechung der Auffassung des Bundesamtes folgt, dass keine allgemeine asylrechtliche Gefahr (mehr) besteht, weiß man nicht, man kann aber davon ausgehen, dass diejenigen, die individuelle Aspekte vorbringen können, weiterhin den Flüchtlingsstatus erhalten werden.
4. Die Entscheidungspraxis in Afghanistan hat sich verschärft; einerseits werden strengere Kriterien angelegt, andererseits wird eine inländische Fluchtalternative behauptet. Ich halte dies für unzutreffend; gleichwohl kommt es gerade deshalb darauf an, die individuellen Fluchtgründe konkret und detailliert vorzutragen und dabei auch auf die individuelle Situation in der Herkunftsregion einzugehen bzw. was den Flüchtling dort konkret erwartet, wenn er zurückkehren müsste. Es kommt also auf die individuellen Lebensumstände (Familienangehörige, Gefahrensituation dort) an.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Heinhold
Rechtsanwalt