Ehrenamtliche kommen zu Wort – Teil 4
Was bewegt die Ehrenamtlichen, die in ihrer Freizeit Asylbewerber betreuen?
Die Abendzeitung und ihre Chefreporterin Natalie Kettinger haben nachgefragt.
Zoltán Jókay
Asylhelferkreis Eichenau
„Anna und Thomas werden abgeschoben“
Anna (26) und Thomas (26, Namen geändert) stammen aus dem Kosovo,
einem kaputten Land, in dem wirtschaftliche Not und Perspektivlosigkeit herrschen.
Als Annas Vater erfuhr, dass seine Tochter mit Thomas zusammen ist,
sperrte er sie ein und sie durfte das Haus
nur noch in Begleitung verlassen. Anna ist dann abgehauen,
jetzt sind sie und Thomas seit einem Jahr hier in Deutschland.
Weil sie nicht vor Mord und Totschlag geflohen sind,
wurden sie von der Politik Asylbetrüger genannt
und mit Kaufhausdieben verglichen.
Das hat mich jedes Mal so getroffen,
als wäre über den beiden ein Kübel Dreck ausgeschüttet worden.
Thomas arbeitet inzwischen Vollzeit bei einer großen Bäckerei,
in Nachtschichten. Die beiden liegen niemandem auf der Tasche.
Anna hat Anfang Dezember ein Kind bekommen.
Einen kleinen Jungen.
Anna und Thomas werden abgeschoben werden.
Sie haben eine Tür in die Zukunft gewählt, die für sie verschlossen bleibt.
Es ist traurig, dass es für sie keine Möglichkeiten zur legalen Einwanderung gibt.
Mich demotiviert nicht die große Zahl der Flüchtlinge.
Mich demotiviert auch nicht,
wenn Menschen aus Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschland kommen.
Um die Not zu wenden, müssen manche ihre Heimat verlassen.
Ich lasse mich nicht demotivieren.
Aber mich frustriert das menschenfeindliche Gerede führender Politiker,
und mich frustrieren ihre rücksichtslosen Vorschläge:
Bald werden Flüchtlinge aus Syrien ihre Familien nicht mehr nachholen dürfen.
Bald werden Afghanen gegen ihren Willen zurückbefördert werden.
All das, und vieles mehr, kann ich gar nicht fassen.
Quelle Abendzeitung-München, Fotos: privat