Sie ist 19 und kommt aus Eritrea. Jetzt wohnt sie hier, in einem der Blechcontainer wohnt sie, auf vierzehn Quadratmetern wohnt sie, sie wohnt zusammen mit fünf anderen Frauen in diesem einen Raum. Noch nie habe ich sie über eine ihrer Zimmergenossinen reden hören, aber ich weiß, sie wünscht sich weit weg.
Die junge Frau ist nicht von ihrem Handy zu trennen. Sie spricht unaufhörlich mit dem, den sie ihren Mann nennt, „my husband“, sagt sie immer wenn sie von ihm spricht, er ist jetzt in einem anderen Land, auf der Flucht wurden sie getrennt.
Und das Schokoladeneis tropft ihr auf die Hand, weil sie nicht dazu kommt auch nur einmal daran zu schlecken, weil sie unaufhörlich nur mit ihm spricht.
Morgen darf die junge Frau zum ersten Mal zur Schule in der Stadt, und heute erzählt sie mir von ihrer Schwester, um die sie sich sorgen macht seit neuestem, weil auch sie sich aufgemacht hat auf den Weg nach Europa, über Libyen, und dann über das Mittelmeer.
Sie erzählt, wie sie selbst in einem Boot saß auf ihrer Flucht, mit 450 anderen Menschen, und das Boot war leck, und der Motor stank, und sie trank das Meerwasser, und als sie dann erbrechen musste, war das Erbrochene ganz gelb.
Und dann zeigt mir die junge Frau, sie zeigt mir auf dem leuchtenden Rechteck ihres Telefons Bilder von Frauen und Männern, sie zeigt mir Bilder von Müttern und Kindern, von Jungen und Mädchen, sie zeigt mir Menschen, die bis vor kurzem noch Träume hatten und jetzt ertrunken irgendwo im Wasser liegen.
Und ich sah die junge Frau an und war ganz ohne Sprache und verstand nicht wirklich etwas und jetzt am Abend kommt die Traurigkeit und eine Ahnung von dem, was ist, und eine Ahnung von dem, wie das alles es sein könnte, für diese Frau, die in diesem Blechcontainer wohnt, auf ihrem Handy Bilder von Toten und dem Schweigen ihrer Schwester innen drin im Kopf.
Beitrag: Zoltán Jókay