Wohnen, Arbeiten, das AnkERzentrum FFB und die besondere Situation der Kinder, das waren die Themen bei der Dialogveranstaltung, zu der die Asylhelfer des Landkreises die gewählten Vertreter im Landtag und im Bundestag eingeladen hatten. 15 Asylhelferkreise waren vertreten, ihnen saßen gegenüber Hans Friedl, im Landtag für die Freien Wähler, Gabriele Triebel und Martin Runge, im Landtag für die Grünen, Benjamin Miskowitsch, im Landtag für die CSU und Michael Schrodi, im Bundestag für die SPD. Ingo Hahn von der AFD war mehrfach angeschrieben worden, hatte aber nicht geantwortet. Ludger Wahlers moderierte die Veranstaltung.
Großes Thema bei der Dialogveranstaltung war die Wohnsituation der Geflüchteten in den Gemeinschaftsunterkünften. Aus Grafrath wurde berichtet: 62 Geflüchtete, alle kleinen Unterkünfte geschlossen, es war super, harmonisch, auch mit den Nachbarn, alles plattgemacht. Seit Wochen werden die dezentralen Unterkünfte landkreisweit abgemietet und die Asylbewerber in die Gemeinschaftsunterkünfte gepresst. Immer wieder kommt es zu Verlegungen. Kontakte werden zerstört, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, hieß es aus Gröbenzell. Es sei doch, so die allgemeine Frage, seit Jahren bekannt, dass Wohnungen gebraucht würden. Warum werden die vorhandenen dann abgemietet?
Gegen dezentrale Unterkünfte hatte keiner der Politiker Einwände. Schrodi räumte ein, dass zu spät reagiert wurde, verwies aber auch darauf, dass die CSU Initiativen für öffentlichen Wohnungsbau behindere. Friedl urteilte, die Politik habe versagt, und verwies auf Merkel und die Öffnung der Grenzen 2015. Aus allen Gemeinden wurde berichtet, dass es leer stehende Häuser und Wohnungen zu Genüge gäbe. Die Gründe seien unterschiedlich. Persönliche Ansprache der Vermieter wäre eine Möglichkeit, die Übernahme der Vermietung durch die Gemeinde eine andere. „So kommen wir nicht weiter, es fehlen gesteuerte Maßnahmen“, fassten die Asylhelfer zusammen.
Beklagt wurde weiterhin, dass es keine zentrale Notrufnummer an den Wochenenden gibt. Wenn Heizung und Strom oder gar eine Hebeanlage für das Abwasser ausfallen, gibt es keine Hilfe, die Asylhelfer versuchen ihr Bestes. Miskowitsch sagte zu, die Einrichtung einer Notrufnummer zu prüfen. Allerdings wird im Landratsamt bereits seit Dezember geprüft.
Die Asylhelferkreise berichteten, dass es dort, wo die anerkannten Flüchtlinge arbeiten dürfen und vielleicht sogar noch dezentral untergebracht sind (wie in Alling), keine Probleme gibt. Schwierig ist es für die nicht Anerkannten: Sie verstehen nicht, warum sie nicht arbeiten dürfen. „Das ist dramatisch, sie sind depressiv“, hieß es aus Gröbenzell. Als „verheerend“ wurde die Situation in einer Gemeinschaftsunterkunft mit 180 Menschen in Germering beschrieben. In einer großen Gemeinschaftsunterkunft in Puchheim geht nach einer Razzia im Februar die Angst um; den Geflüchteten wurden die Papiere genommen, sie erhielten sie am nächsten Tag im Landratsamt zurück, mit Änderungen bei den Einträgen zur Arbeitserlaubnis.
Eine Arbeitserlaubnis wird in Aussicht gestellt, wenn der Geflüchtete mitwirkt bei der Identitätsfeststellung. Letztere, berichteten die Asylhelfer, sei oft einfach nicht möglich. Von Afghanen würde verlangt, persönlich in Kabul vorzusprechen, somalische Urkunden würden nicht anerkannt, weil sie angeblich gefälscht seien, in einigen Ländern gäbe es schlicht die geforderten Urkunden nicht, und nach wie vor herrsche die Furcht, abgeschoben zu werden, sobald ein Pass vorliegt.
Die Helfer wiesen darauf hin, dass anfangs Geflüchtete auch ohne Pass arbeiten durften; die Arbeitserlaubnis wurde ihnen später entzogen. Schrodi (SPD) merkte an, dass es hinsichtlich der Arbeitserlaubnis in anderen Landkreises besser läuft. Für Runge (Die Grünen) ist das Landratsamt FFB „berüchtigt“ und immer schon „eins der schärfsten“ in Bayern. Miskowitsch zitierte aus der neuen „Zug-um-Zug-Regelung“, die bisher noch niemandem geholfen hat. Friedl gab sich überrascht, es gäbe doch nun einen größeren Ermessensspielraum. Genau den fand Runge „grässlich“, weil er in aller Regel zuungunsten der Geflüchteten genutzt wird. Es fehle an klaren Regeln, deutschlandweit, und an einem Einwanderungsgesetz. Die Asylhelfer wünschten sich Programme zur Ausbildung der jungen Geflüchteten und zur gezielten Kooperation mit den Herkunftsländern. „Deshalb ist Söder jetzt in Äthiopien“, meinte Friedl.
16 Frauen in einem Raum, mit drei Babies und Kleinkindern, Duschen ohne Sichtschutz, keine Teeküche für die Versorgung der Kleinen, fast jede Nacht eine Razzia, so beschrieben die Helfer die Situation im AnkERzentrum (Ankunft, Entscheidung, Rückführung) FFB. Besonders schlimm sei die Situation für Frauen und Kinder, es gäbe keine Schutzräume, keine Beschäftigung. Friedl hatte noch keine Besuchserlaubnis, Miskowitsch hatte einen Besuch bereits hinter sich. „Es war kein Showtermin“, teilte er mit und fand die Unterbringung nicht gut. Es dauere zu lange, so wie es auch zu lange dauere, bis ein neues Sportheim gebaut sei. Es fehle an einem Umdenken. Schrodi wies darauf hin, dass mit dem Konzept der AnkERzentren eigentlich schnellere Verfahren verbunden gewesen seien. Es muss etwas passieren, Familien haben dort nichts verloren, forderten die Asylhelfer. Und sie nahmen auch das Jugendamt in die Pflicht und stellten die Frage: „Wie steht es mit dem Kinderschutz dort?“
Am Ende versprach Schrodi, sich auf Bundesebene um die Rahmenbedingungen zu kümmern und notierte sich die fehlende Notrufnummer und die Abmietung dezentraler Unterkünfte für seine Arbeit vor Ort. Friedl fand den Dialog wichtig, er habe viel gelernt. Triebel versprach weitere Anträge an den Landtag wie den der Grünen nach Abschaffung der AnkERzentren, der jüngst abgelehnt wurde. Miskowitsch will einen Termin mit dem Landrat organisieren und die Dialogveranstaltung in einem Jahr wiederholen. Runge verwies auf unzählige Termine mit dem Landrat in jüngster Vergangenheit und hatte „keine große Hoffnung“. Die Asylhelfer stellten klar: Auf Lob aus der Politik können wir gut verzichten. Durch Wischi-waschi-Gesetze sollen wir hinters Licht geführt werden. Den Geflüchteten soll das Leben hier durch Schikanen und unzumutbare Behandlung schwer gemacht werden. Die Politik im Landkreis hat Abschreckung zum Ziel. Aber: „Wir meinen es ernst!“ und: „Wir lassen uns nicht entmutigen!“
Ursula Sautmann, Asylhelferkreis Eichenau